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Organisationaler Diskurs: Wie das Denken als ganzes Unternehmen zu effektiven Veränderungen führt

Eine Organisation ist ein komplexes System. Sie kann nicht nur als die Summe ihrer Mitglieder und deren Eigenschaften erklärt werden. Es ist ein System mit etablierten Strukturen und Routinen, die sich über die Zeit bewährt haben. Daher ist die Annahme, dass Veränderung eintreten wird, wenn sich ein Individuum ändert, ein klassisches Missverständnis in der Organisationsentwicklung, das oft zu vergeblichen Reaktionen führt. Neue Wege und Methoden werden jetzt angeboten.

Welche Fragen markieren den Beginn einer Veränderungsinitiative in Ihrer Organisation? Sehr oft sind sie wie folgt: Wie kommen wir von Punkt A nach Punkt B? Wie ziehen wir die Menschen mit uns? Wie und wann kommunizieren wir die Veränderung an die Organisation? Wie gehen wir mit Widerstand um? Diese und ähnliche Fragen werden oft diskutiert, stammen jedoch aus einer linearen Denkweise über Veränderung und setzen voraus, dass Veränderung eintreten wird, wenn sich ein Individuum ändert. Dies ist ein klassisches Missverständnis in der Organisationsentwicklung, das oft zu vergeblichen Reaktionen führt.

Eine Organisation ist ein komplexes System. Sie kann nicht nur als die Summe ihrer Mitglieder und deren Eigenschaften erklärt werden. Es ist ein System mit etablierten Strukturen und Routinen, die sich über die Zeit bewährt haben. Mit einer solchen Sichtweise auf die Organisation stellen sich verschiedene Fragen zu Veränderung, Transformation oder wie auch immer Sie es nennen: Welches relevante Problem sollte durch dieses Vorhaben gelöst werden? Welche Prozesse und Strukturen können Veränderung verhindern oder behindern? Wie sieht unser ‚Zusammenarbeitsvertrag‘ aus? Wie kann man eine größere Wirkung erzielen? Gibt es genug Energie im System, um die notwendige Instabilität zu gewährleisten?

Bewusstsein für das Bewertungsmuster

Ein Instrument zur Findung effektiver Antworten auf all diese Fragen ist der organisationale Diskurs. Die Annahme, dass es sich um eine spezifische Art von Diskussion handelt, die innerhalb eines bestimmten Rahmens und Umfelds stattfindet, scheint auf den ersten Blick plausibel. Der organisationale Diskurs ist jedoch viel mehr als das. Zunächst geht es darum, gegenseitiges, kollektives Denken in der gesamten Organisation zu etablieren. In vielen Organisationen ‚reden die Menschen nicht angemessen miteinander‘ in Besprechungen und Workshops, weil die Kunst des Denkens vergessen wurde. Denken ist mehr zu einer individuellen Leistung geworden, und ‚Gespräche‘ zielen darauf ab, andere von der eigenen Sichtweise zu überzeugen. Was jedoch tiefgreifende Veränderungen erfordert, sind intelligente Bewertungsmuster, die eine kollektive Anstrengung darstellen.

Praktischer Diskurs oder echte Diskussion findet in kleinen Gruppen statt.

Sie können als Community of Inquiry (eine Gruppe von Individuen, die gemeinsam an zielgerichtetem kritischen Diskurs und Reflexion teilnehmen, um persönliche Bedeutung zu schaffen und gegenseitiges Verständnis zu bestätigen) betrachtet werden und spiegeln ihre kollektiven Denk- und Bewertungsmuster wider. Im Namen der Organisation denken sie über anwendbare Normen, Strukturen und Handlungsroutinen nach. Sie werden sich der gemeinsamen Bewertungsmuster bewusst, prüfen deren aktuelle und zukünftige Einhaltung und einigen sich gegebenenfalls auf neue. Dies ist kollektives Sinnstiften.

Relevante Fragen

Diskussionen bieten immer eine Bestandsaufnahme dessen, was tatsächlich innerhalb der Organisation diskutiert wird. Relevante Fragen können beispielsweise Folgendes umfassen: Wie wird darüber diskutiert? Was sind genau die relevanten Aspekte? Was wird in der Kommunikation nicht reflektiert? Ein Blick auf den tatsächlichen Diskurs hilft, starke Einflussfaktoren auf Veränderungen zu identifizieren. Der organisationale Diskurs bringt und beleuchtet ‚was‘,’wie‘ und ‚wer‘ spricht, d.h. was die anwendbaren Regeln der Organisation sind. Dies beeinflusst den praktischen Diskurs, der wiederum den organisationalen Diskurs beeinflusst. (siehe Abbildung 1)

Als multidisziplinäres Instrument ist der organisationale Diskurs ein systematisch-theoretischer Standpunkt und auch ein analytisches Instrument bezüglich der tatsächlich stattfindenden Zusammenarbeit und eine Empfehlung zur Etablierung praktischer Diskurse innerhalb der Organisation.

Die wichtigsten Rollen

Was ist das Ziel des Veränderungsprozesses? Welches Problem sollte gelöst werden, und wurden die zugrunde liegenden Kommunikations- und Verhaltensmuster angesprochen? Der organisationale Diskurs entfaltet seine Kraft, wenn es um grundlegende Veränderungen geht. Instabilität ist notwendig, um Routinen und Muster zu ändern. Ohne Instabilität gibt es keinen Musterwechsel. Beispielsweise können Manager und Eigentümer ihre Organisation freiwillig einladen, sich am Diskurs zu beteiligen, um Networking zu erhöhen und Instabilität zu schaffen. Dies muss bewusst provoziert und kollektiv ertragen werden.

Ein zentraler Aspekt dabei ist, dass der Diskurs nicht auf der Ebene abstrakter Werte oder separater Diskussionen ‚was ist unser Zweck‘ stattfindet, sondern konkret. Die Teilnehmer engagieren sich für die Schaffung von Werten, ihrer spezifischen Arbeit und aktuellen Themen. Der organisationale Diskurs ist zielorientiert, einladend, konkret und offen. Der Sponsor hat wahrscheinlich die wichtigste Rolle im gesamten Prozess. Er oder sie ist die Person, die die formale Macht hat, den Diskurs einzuberufen und Entscheidungen zu treffen. In der Regel ist der Sponsor für den gesamten Veränderungsprozess verantwortlich. Gemeinsam mit einem Team anderer Manager, Verantwortlichen für die Organisationsentwicklung und Mitarbeitern gestalten sie praktische Diskurse als selbstorganisierende Fähigkeiten. Der Sponsor lädt potenzielle Teilnehmer ein und stellt kleine Gruppen für den praktischen Diskurs zusammen. Diese Rolle kann nicht delegiert werden. Gruppen, die Ideen im praktischen Diskurs austauschen, bestehen aus vier bis sechs Personen. Sie bleiben mehrere Wochen in der Gruppe und treffen sich etwa fünfmal zu einem 90-minütigen Diskurs. Die Teilnahme ist für jede Einzelperson freiwillig. Jeder eingeladene Mitarbeiter kann und darf ablehnen. Sobald die Teilnahme jedoch bestätigt ist, ist sie verbindlich. ‚Manchmal komme ich, manchmal nicht‘ ist nicht vorgesehen.

Wie der Prozess abläuft

Es gibt viele Fragen rund um den praktischen Diskurs, abhängig vom Kontext der jeweiligen Organisation. Der Prozess kann jedoch klar beschrieben werden, da die Teilnehmer sich eingeladen fühlen müssen, ihre Meinungen, Bewertungen, Standpunkte, Hypothesen, Überzeugungen und Einschätzungen miteinander zu teilen und sie gegenseitig zu erkunden. Damit die Gruppe zu einer Community of Inquiry wird, ist der Diskurs selbst ein iterativer Prozess: reflektieren, irritieren, feststellen, zustimmen. Dieser soziale Prozess führt Gruppen durch Diskurs zu individueller und kollektiver Reflexion. Es ist sowohl anstrengend als auch unterhaltsam. Irritation ist ein entscheidender Schritt in diesem Prozess, denn ohne ’skandalös unterschiedliche‘ Interpretationen interpretieren wir neue Dinge leicht als ‚eigentlich nicht viel anders‘ und verpassen so die Gelegenheit, unsere Überzeugungen zu erneuern.

Die Gruppe sucht nach geeigneten kollektiven Mustern und Routinen und muss unterschiedliche Standpunkte präsentieren. Konsens ist die grundlegende Haltung, aber kein notwendiges Ziel. Im Gegenteil, zu schnelle Übereinstimmung über Standpunkte erlaubt keinen echten Diskurs. Am Ende werden Ideen, Maßnahmen und Projekte, die die Gruppe für angemessen hält, vereinbart. Entscheidungen werden hier nicht getroffen. Die Verantwortung liegt beim Sponsor, verschiedene Ideen in ein sinnvolles Format zu konsolidieren.

Was sind die Auswirkungen

Die gesamte Organisation wird eingeladen, die Umsetzung des Veränderungsprojekts oder der Initiative im Diskurs zu entwickeln und somit die zugrunde liegenden Muster und Routinen zu hinterfragen und zu aktualisieren. Einfach ausgedrückt bedeutet dies, dass die Dichte des Networking zunimmt. Dies wiederum erhöht die Komplexität des Systems und damit die Bildung von Mustern und Geschwindigkeit. Ideen werden über Positionen hinweg generiert, Beziehungen werden klar, und systematisches Denken tritt auf. Für diejenigen, die immer noch hoffen, Organisationen kontrollieren zu können, ist dies ein Albtraum. Denn zu denken, dass man Kontrolle über Ideen und Ergebnisse haben kann, ist eine Illusion.

Wenn Sie ‚organisationalen Diskurs‘ initiieren, halten sich Diskussionen nicht an vorgegebene Rahmenbedingungen, Ideen, die stark resonieren, können eskalieren.

Sie werden überall diskutiert, in der Küche während der Pausen sowie in Vorstandssitzungen. Das bedeutet, dass Führung ein Problem wird. Hier wird die Intelligenz des Kollektivs klar genutzt. Formale Manager sind nicht mehr ‚Experten‘. Sie sind diejenigen, die den Rahmen bereitstellen – was eine verdammt herausfordernde Rolle ist.

Um jedoch sicherzustellen, dass der organisationale Diskurs nicht willkürlich wird oder ständige Instabilität provoziert, ist ein klarer, transparenter, verbindlicher Prozess erforderlich, in dem jeder seine Rolle (Sponsor, Gruppe) kennt und der Entscheidungsprozess eindeutig ist. Es braucht einen starken Rahmen, damit Kreativität sich innerhalb dessen frei entwickeln kann.

Die Absicht definieren

Organisationaler Diskurs ist ein komplexes Instrument, das sorgfältige Überlegung erfordert. Daher ist die erste Frage, was Geschäftsleiter und/oder andere Führungskräfte tatsächlich beabsichtigen. Möchten sie Wissen transferieren? Dann könnte Training geeigneter sein.

Möchten sie die Menschen inhaltlich ‚einbeziehen‘ oder ‚die Betroffenen zu Teilnehmern machen‘, und die Veränderung wird von einer kleinen Gruppe von Managern gestaltet, dann sollte dies transparent gemacht werden. Wenn Sie den Menschen etwas Gutes tun möchten, organisieren Sie eine Feier. Aber wenn Ihr Ziel ernsthafte Teilnahme und komplexitätsorientierte Veränderung ist, dann könnte der organisationale Diskurs ein geeigneter Weg sein.

Konventionelle Verständnisse brechen Ein Ansatz, der ‚Skandale der Veränderung‘ bietet

– Es gibt keinen Moderator, Lehrer oder Trainer.

– Gruppen werden durch Fragen geleitet, jedoch ohne die Anwesenheit eines Gruppenleiters. Arbeitsmaterial kann bereitgestellt werden oder Gruppen können eine virtuelle Plattform nutzen, auf der Inhalte entsprechend vorbereitet werden, wie qohubs. Etablierte Spiele, die oft zwischen dem Leiter und der Gruppe auftreten, sollten ebenfalls nicht verfügbar sein. Die Gruppe sollte nicht besonders komfortabel sein und sollte nicht in der Lage sein, die Verantwortung jederzeit auf den Leiter zu verschieben. Selbst wenn die Gruppe ’stecken bleibt‘, muss sie Wege finden, um voranzukommen.

– Es gibt keine lustigen Aufwärmspiele oder ‚Parken‘ von bevorstehenden Themen.

– Gruppen konzentrieren sich von Anfang an auf das Thema für die praktische Diskussion. Sie können mit einem kurzen Briefing oder einer Einführungsrunde beginnen, wenn die Teilnehmer sich noch nie zuvor getroffen haben. Der Diskurs wird etabliert, die Agenda ist klar, und die Teilnehmer sind bereit für die Aktion. Das Abandonieren üblicher Seminar- und Workshop-Elemente wie das Suchen nach Erwartungen oder Gamification hilft, den Fokus zu bewahren. Ein Zweifel, dem ich oft begegne, ist das Vertrauen in die Fähigkeit zur Reflexion. ‚Unsere Leute können nicht oder sind nicht bereit‘, sagen sie. Meine Erfahrung lehrt mich jedoch etwas anderes. Natürlich sind die Menschen unterschiedlich gut darin geschult, zu reflektieren, Perspektiven zu wechseln und in Szenarien zu denken. Aber das ist nicht wichtig, denn genau das üben sie (ganz zufällig), nachdem sie in den praktischen Diskurs eingetreten sind. Wir müssen keinen Diskurs lernen, um ihn zu leiten.

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