Die schwierige Lage, in der sich die deutsche Automobilindustrie derzeit befindet, spiegelt sich in den Aktienkursen der bekanntesten Marken wider, was eine gute Gelegenheit für Investoren darstellen könnte, die bereit sind, ein wenig mehr Risiko einzugehen. Wenn man nämlich einen der grundlegenden Indikatoren für den Wert einer Aktie, das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), betrachtet, sind die Aktien der deutschen Automobilgiganten sehr günstig. Der größte unter ihnen, Volkswagen, wird derzeit mit einem KGV von nur 2,5 gehandelt. Mit anderen Worten, für einen Euro Gewinn von VW müssen Investoren 2,5 Euro zahlen. Für die Aktie von Mercedes-Benz liegt dieses Verhältnis bei 4,8, während es für den bayerischen Stolz, BMW, bei 5,37 steht.
Diese Situation spiegelt den Zustand wider, durch den das einstige Aushängeschild der deutschen Wirtschaft derzeit geht. Der Übergang zur Produktion von Elektrofahrzeugen wird tiefe Spuren in der deutschen Automobilindustrie hinterlassen, insbesondere bei der Belegschaft. Schätzungen des Automobilindustrieverbands VDA deuten darauf hin, dass dieser Sektor bis 2035 186.000 Arbeitsplätze verlieren wird. Ein Viertel dieser Zahl ist bereits verschwunden. In Kombination mit dem zunehmend schärferen Wettbewerb durch chinesische Elektrofahrzeuge, dem bevorstehenden EU-Verbot von Benzin- und Diesel-Fahrzeugen und hohen Energiepreisen für die deutsche Industrie sind Druck auf die Margen und Geschäftsprobleme unvermeidlich.
Brennendes Thema
Derzeit befindet sich Volkswagen in der schwierigsten Lage und erwägt die Schließung von drei Werken in seinem Heimatmarkt sowie die Entlassung von mehreren tausend Mitarbeitern. Das Unternehmen verzeichnete im dritten Quartal dieses Jahres einen Rückgang des Nettogewinns um 64 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Ansammlung von Problemen wird auch durch die Nachricht angezeigt, dass VW-Arbeiter am 1. Dezember mit Streik drohten. Die Gewerkschaften fordern eine Gehaltserhöhung von 7 Prozent, während das Management eine diametral entgegengesetzte Haltung vertritt – eine Reduzierung um 10 Prozent, die 800 Millionen Euro einsparen würde. Die Frage der Arbeitskosten unter Margendruck ist eines der brennenden Themen für diesen deutschen Hersteller.
In Deutschland hat Volkswagen die höchsten Arbeitskosten als Prozentsatz des Umsatzes im Automobilsektor, nämlich 15,4 Prozent. Vor der Pandemie lagen diese Kosten sogar noch höher, über 18 Prozent. Die Schwestergesellschaft Porsche hat derzeit Arbeitskosten, die 12,7 Prozent des Umsatzes ausmachen, während sie bei anderen Herstellern deutlich niedriger sind. Für Mercedes-Benz liegt dieser Wert bei 10,9 Prozent, BMW gibt 9,5 Prozent aus, und der Franco-Italienisch-Deutsche Stellantis 10 Prozent.
Ausländische Analysten glauben, dass der Grund dafür darin liegt, dass Volkswagen einen großen Teil seiner Komponenten, einschließlich Software, selbst produziert. Allerdings sind deutsche Arbeiter in der Automobilindustrie im Vergleich zu ihren Kollegen in anderen Teilen der Welt im Allgemeinen gut bezahlt. Der durchschnittliche Stundenlohn beträgt 62 Euro, etwa ein Drittel mehr als vor zehn Jahren, so die Daten des VDA. In Frankreich verdienen Mitarbeiter der Automobilindustrie 47 Euro, verglichen mit 39 Euro im Jahr 2013. Was andere Wettbewerber betrifft, verdienen japanische Arbeiter in diesem Sektor heute weniger als vor zehn Jahren: 24 Euro, nach 26 Euro. In den verbleibenden Autofabriken in den USA liegen die Löhne der Arbeiter bei etwa 44 Euro, während sie 2013 bei 28 Euro lagen. Im Kontext dieser Daten hat das Management von Volkswagen erklärt, dass die Löhne im Unternehmen auch nach der vorgeschlagenen Reduzierung wettbewerbsfähig bleiben würden.
