Seit Jahrzehnten ist Deutschland in Sicherheitsfragen von den USA abhängig; jedoch ist diese Ära nun vorbei, da Berlin plant, bis zu 83 Milliarden Euro in europäische Rüstungsprojekte zu investieren und schrittweise seine Abhängigkeit von amerikanischen Verteidigungssystemen zu reduzieren, berichtet Euronews.
Dies ist ein strategischer Kurswechsel, den Kanzler Friedrich Merz anstrebt, um die ’stärkste konventionelle Streitmacht in Europa‘ zu schaffen, zu einem Zeitpunkt, an dem die Zweifel an der Zuverlässigkeit Washingtons unter Präsident Donald Trump zunehmen. Laut den Plänen beabsichtigt die deutsche Regierung, von September 2025 bis Dezember 2026 insgesamt 154 große Verteidigungsverträge zu vergeben, wobei nur acht Prozent an amerikanische Hersteller vergeben werden, was einen drastischen Rückgang im Vergleich zur bisherigen Praxis der starken Abhängigkeit von amerikanischen Systemen darstellt.
Der Kurswechsel folgte Trumps Aufforderung an die NATO-Verbündeten, die Verteidigungsausgaben auf bis zu 5 Prozent des BIP zu erhöhen und mehr amerikanische Waffen zu kaufen. Als Reaktion darauf hat Berlin die ‚Kaufe europäisch‘-Strategie gewählt.
Ein plötzlicher Anstieg amerikanischer Exporte und europäischer Abhängigkeit
Europa hat in den letzten Jahren seine Käufe amerikanischer Rüstungsgüter erheblich gesteigert. Laut Daten des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) haben sich die Waffenimporte aus den USA nach Europa, einschließlich der Lieferungen an die Ukraine, im Zeitraum von 2020 bis 2024 im Vergleich zu den vorhergehenden fünf Jahren mehr als verdreifacht.
Erstmals seit zwei Jahrzehnten ging der größte Anteil amerikanischer Rüstungsexporte nach Europa, der von 13 Prozent (2015–2019) auf 35 Prozent (2020–2024) anstieg. In demselben Zeitraum verdoppelten die NATO-Mitgliedstaaten in Europa ihre Gesamteinfuhren, wobei zwei Drittel aus den USA stammten. Deutschland verzeichnete einen besonders dramatischen Anstieg. Die Waffenimporte stiegen um bis zu 334 Prozent, wobei 70 Prozent aus den USA kamen.
Gleichzeitig hat die USA ihre globale Dominanz weiter gefestigt. Die amerikanischen Rüstungsexporte stiegen zwischen den beiden Fünfjahreszeiträumen um 21 Prozent, und ihr Anteil am globalen Rüstungsmarkt stieg von 35 auf 43 Prozent.
Keine Alternative
Der amerikanische Experte Dr. Josef Braml betont, dass dieser Wandel nicht als Fehleinschätzung von Ursache und Wirkung interpretiert werden sollte.
– Der Grund ist, dass Trump klar gemacht hat, dass man sich nicht mehr auf Amerika verlassen kann. Wenn das nicht mehr sicher ist, macht es keinen Sinn, einen Tribut für Schutz zu zahlen, den wir nicht erhalten – sagte Braml gegenüber Euronews.
Dieser ‚Tribut‘, den europäische Staaten durch den Kauf amerikanischer Systeme zahlten, führte dazu, dass sie von Washington abhängig wurden. Dazu gehört das Patriot-Luftverteidigungssystem, von dem Deutschland derzeit sechs Systeme besitzt. Das Patriot-System gilt als eines der modernsten Luftverteidigungssysteme der Welt, aber die US-Regierung hat kürzlich den Export vorübergehend gestoppt, da das Pentagon es für die eigenen Bedürfnisse als unzureichend erachtet. Für bestimmte Schlüsselssysteme gibt es noch keine europäische Alternative. Dies gilt insbesondere für die F-35-Kampfflugzeuge.
