Die europäische Sicherheitsarchitektur war noch nie so teuer oder so fragil. Seit der ersten russischen Aggression gegen die Ukraine im Jahr 2014 und insbesondere nach der Invasion im Jahr 2022 steigen die Verteidigungsbudgets der EU-Länder Jahr für Jahr. Laut Daten der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) gaben die EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2024 343,2 Milliarden Euro für die Verteidigung aus, fast doppelt so viel wie im Jahr 2020, als die Ausgaben 198 Milliarden Euro betrugen. Davon flossen 106 Milliarden Euro in Investitionen in die Beschaffung von Ausrüstung und militärische F&E, was real 42 Prozent höher ist als im Vorjahr. Diese Investitionen machen etwa 31 Prozent der Gesamtausgaben für die Verteidigung aus, den höchsten Anteil seit Beginn der statistischen Erfassung durch die EDA. Bis 2025 wird erwartet, dass dieser Betrag auf etwa 392 Milliarden Euro ansteigt.
In nominalen Begriffen stellt dies einen Anstieg von 98 Prozent zwischen 2020 und 2025 dar. Selbst wenn die Zahlen inflationsbereinigt und auf konstante Preise von 2024 umgerechnet werden, spiegelt dies ein reales Wachstum von etwa 63 Prozent über denselben Zeitraum wider. Betrachtet man einen längeren Zeitraum von 2015 bis 2025, so sind die Verteidigungsausgaben in der EU in realen Begriffen um fast 99 Prozent gestiegen, berichtet Euronews. Das niedrigste Niveau der Verteidigungsausgaben in der EU war im 2014 mit 188,5 Milliarden Euro, aber seitdem steigen die Beträge jedes Jahr.
Der entscheidende Auslöser, sind sich Sicherheitsanalysten einig, war die russische Aggression gegen die Ukraine und die gleichzeitig zunehmend unsichere und variable Unterstützung der USA für die europäische Sicherheit. Während im Hintergrund Verhandlungen über einen Friedensplan, der Moskau erheblich zugutekommen könnte, im Gange sind, bereiten sich die Länder an der Ostflanke der EU zunehmend auf ein Szenario einer zukünftigen russischen Offensive vor und passen entsprechend ihre Verteidigungspolitiken und damit ihre Budgets an.
Deutschland und Frankreich führen
Innerhalb der Europäischen Union ist Deutschland mit Abstand der größte Einzelspender. Im Jahr 2024 wurden 90,6 Milliarden Euro für die Verteidigung bereitgestellt, was 26,4 Prozent der gesamten EU-Verteidigungsausgaben entspricht. Frankreich liegt mit 59,6 Milliarden Euro oder 17,4 Prozent an zweiter Stelle. Zusammen machen Berlin und Paris fast 44 Prozent aller Verteidigungsausgaben in der Union aus, was etwa 150 Milliarden Euro jährlich entspricht. Dies belastet nicht nur finanziell, sondern gibt ihnen auch politische Führungsstärke in der Diskussion darüber, welche Art von Verteidigung Europa will und sich leisten kann.
Italien belegt mit 32,7 Milliarden Euro den dritten Platz, gefolgt von Polen mit 31,9 Milliarden Euro, einem Land, das sich in nur wenigen Jahren zu einem der aggressivsten Verteidigungsinvestoren in Europa entwickelt hat. Spanien liegt mit 22,7 Milliarden Euro an fünfter Stelle, was im Hinblick auf die Größe seiner Wirtschaft immer noch relativ bescheiden ist. So bescheiden, dass US-Präsident Donald Trump Anfang dieses Jahres öffentlich drohte, dass Spanien, wenn es seine Ausgaben nicht erhöhe, praktisch in der NATO unerwünscht werden könnte.
Wenn die Ausgaben dieser fünf Länder – Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Spanien – summiert werden, belaufen sie sich auf 237,5 Milliarden Euro oder 69,2 Prozent der gesamten EU-Verteidigungsausgaben. Übersetzt bedeutet dies, dass sieben von zehn Euro für die Verteidigung in der Union aus nur fünf Budgets stammen.
Am anderen Ende des Spektrums steht eine Gruppe von 14 Mitgliedstaaten, die jährlich weniger als 5 Milliarden Euro ausgeben, wobei acht von ihnen weniger als 2 Milliarden Euro ausgeben. Zusammen stellen sie 28,2 Milliarden Euro bereit, nur 8,2 Prozent des gesamten EU-Betrags. In dieser ‚unteren Liga‘ sind beispielsweise Österreich (4,9 Milliarden Euro), Ungarn (4,5 Milliarden Euro) und Portugal (4,2 Milliarden Euro), während Malta, das kleinste Mitglied, nur 99 Millionen Euro ausgibt.
Was Kroatien betrifft, so hat es im Gegensatz zur Zeit nach der Krise, als es sein Militärbudget kürzte, den Trend im letzten Jahrzehnt scharf umgekehrt und seine Verteidigungsausgaben fast verdoppelt. Von etwa 600 Millionen Euro im Jahr 2014 ist es auf über 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2024 gestiegen, und im Jahr 2025 erreicht es praktisch die NATO-Schwelle von 2 Prozent des BIP. Der Großteil dieses Geldes fließt nicht mehr nur in Gehälter und Systemwartung, sondern in teure Modernisierungsprojekte, von Kampfflugzeugen und gepanzerten Fahrzeugen bis hin zu Hubschraubern und Luftverteidigung, um Kroatien ernsthafter in die NATO-Pläne an der Ostflanke zu integrieren.
Für ein umfassenderes Bild ist es wichtig, wichtige europäische NATO-Mitglieder außerhalb der EU hinzuzufügen. Das Vereinigte Königreich gab im Jahr 2024 etwa 65,8 Milliarden Pfund für die Verteidigung aus, was ungefähr 75 Milliarden Euro entspricht, während die Türkei bei etwa 24,4 Milliarden Euro lag.
Wie viel gibt Europa pro Kopf aus?
Das Bild wird noch interessanter, wenn die Kosten auf eine pro Kopf-Ebene heruntergebrochen werden. Im Jahr 2024 lagen die Verteidigungsausgaben pro Person zwischen 174 Euro in Malta und 1.540 Euro in Dänemark. Der EU-Durchschnitt betrug 686 Euro pro Kopf, und wenn das Gewicht der einzelnen Länder basierend auf der Bevölkerung berücksichtigt wird, steigt der ‚reale‘ Durchschnitt auf 764 Euro.
