Home / Geschäft und Politik / Brüssel reduziert grüne Bürokratie, behält aber die Klimaziele bei

Brüssel reduziert grüne Bürokratie, behält aber die Klimaziele bei

Image by: foto Shutterstock

Die Europäische Kommission hat ein neues ‚ökologisches Omnibus‘ eingeführt. Dieses Paket besteht aus sechs Gesetzesvorschlägen, die darauf abzielen, wichtige Umweltvorschriften zu vereinfachen und gleichzeitig die administrative Belastung für Unternehmen zu reduzieren.

Es wird geschätzt, dass dieses Paket allein den EU-Unternehmen jährlich rund eine Milliarde Euro einsparen könnte, was die Gesamteinsparungen aus zuvor verabschiedeten Vereinfachungsmaßnahmen auf fast 11 Milliarden Euro pro Jahr bringt. Das Ziel ist es, bis Ende 2029 jährliche Verwaltungseinsparungen von 37,5 Milliarden Euro zu erreichen.

Das Paket umfasst Änderungen in den Bereichen industrielle Emissionen, Kreislaufwirtschaft, Umweltverträglichkeitsprüfungen und Management von Geodaten. Der Fokus liegt auf der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, der Digitalisierung und der Beseitigung von doppelten oder übermäßig kostspieligen Berichtspflichten, während ehrgeizige Umwelt- und Gesundheitsziele beibehalten werden. Projekte in strategischen Sektoren wie digitaler Infrastruktur, kritischen Rohstoffen und bezahlbarem Wohnraum werden besonders hervorgehoben. Solche Projekte sollten aufgrund der neuen Regeln schneller durch verschiedene Genehmigungsverfahren gelangen.

Die Kommission betont, dass das Paket mit dem sogenannten EU-Wettbewerbs-Kompass übereinstimmt, und die Idee ist, strenge Klima- und Umweltziele aufrechtzuerhalten, während gleichzeitig die Verwaltungskosten gesenkt und Raum für grüne und digitale Transformation.

Schnellere Genehmigungen, weniger Berichterstattung für die Landwirtschaft

Eines der Schlüsselelemente des Pakets ist die Beschleunigung und Vereinfachung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und Genehmigungsverfahren. Die Mitgliedstaaten sollten zentrale Ansprechpartner (One-Stop-Shops) einführen, sich stärker auf digitale Verfahren stützen und Fristen verkürzen, betont die Kommission. Darüber hinaus ist eine Art ‚Werkzeugkasten‘ zusätzlicher Beschleunigungsmaßnahmen für Projekte geplant, die zur Dekarbonisierung und effizienteren Ressourcennutzung beitragen, einschließlich von Projekten für bezahlbaren Wohnraum, die besonders relevant für Märkte mit erheblichen Wohnungsdefiziten und steigenden Baukosten sein könnten.

Im Bereich der industriellen Emissionen erhalten Unternehmen mehr Flexibilität bei der Verwaltung ihrer Umweltmanagementsysteme (EMS) gemäß der Richtlinie über industrielle Emissionen (IED). Die Verpflichtung, Transformationspläne in das EMS aufzunehmen, wird aufgehoben, die Fristen für die Vorbereitung der Systeme werden verlängert, und die Anforderung unabhängiger Prüfungen wird ebenfalls gestrichen. Für Landwirte und die Aquakultur ist eine Reduzierung der Berichtspflichten und eine Vereinfachung des Umfangs landwirtschaftlicher Tätigkeiten geplant, zusammen mit einer Reduzierung doppelter Verpflichtungen für Bio-Betriebe. Dies zielt darauf ab, einen Sektor zu entlasten, der gleichzeitig klimatischen Druck, steigenden Kosten und zunehmend strengen Standards ausgesetzt ist.

Abschaffung der SCIP-Datenbank

Eine wesentliche Änderung steht auch im Bereich der Kreislaufwirtschaft bevor. Die Kommission schlägt die Abschaffung der SCIP-Datenbank vor, einem Werkzeug zur Berichterstattung über besorgniserregende Stoffe in Produkten, und argumentiert, dass die Kosten im Vergleich zu den Vorteilen unverhältnismäßig hoch waren. Ihre Rolle sollte vom Digitalen Produktpass und dem Paket ‚Ein Stoff, eine Bewertung‘ übernommen werden, das voraussichtlich die chemischen Risikobewertungen straffen wird. Daher wird eine Änderung der Abfallrahmenrichtlinie vorgeschlagen.

Gleichzeitig wird für EU-Hersteller die Verpflichtung, in jedem Mitgliedstaat, in dem sie Produkte verkaufen, aber nicht ansässig sind, einen bevollmächtigten Vertreter zu benennen, vorübergehend ausgesetzt, was die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) für Batterien, Verpackungen, elektrische Geräte, Einwegkunststoffe und Abfälle betrifft. Dieses Thema wird im zukünftigen Kreislaufwirtschaftsgesetz, das für 2026 geplant ist, dauerhafter gelöst, das einfachere und harmonisierte Regeln für grenzüberschreitende Kreislauftätigkeiten bringen und die Geschäftskosten im Binnenmarkt weiter senken sollte.

Günstigerer Zugang zu Geodaten

Im Bereich der Geodaten werden die technischen Anforderungen aus der INSPIRE-Richtlinie mit neuer horizontaler Gesetzgebung für hochwertige öffentliche Daten in Einklang gebracht. Dies wird voraussichtlich die Compliance-Kosten für öffentliche Stellen senken und gleichzeitig den Zugang zu wichtigen Datensätzen für den privaten Sektor erleichtern, von Infrastrukturprojekten bis hin zu digitalen Dienstleistungen und Geolösungen.

Die Kommission kündigt gleichzeitig die Fortsetzung der ‚Bereinigung‘ bestehender Gesetzgebung an. Die Wasserrahmenrichtlinie wird 2026 überarbeitet, gemäß dem RESourceEU-Aktionsplan, während die Überarbeitung der Meeresstrategie-Richtlinie darauf abzielt, die Einhaltung der Wasserregulierungen zu verbessern. Im Rahmen der Wasserresilienzstrategie sind auch strukturierte Wasser-Dialoge geplant, die neue Engpässe und Vorschläge für weitere Verbesserungen identifizieren sollen.

Für die Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle wird die Kommission bald detaillierte Umsetzungshinweise bekannt geben, mit dem Ziel, dass die Mitgliedstaaten und Unternehmen klarere und einheitlichere Auslegungen der Anforderungen erhalten, bevor die wichtigsten Bestimmungen in Kraft treten.

KMUs suchen einfachere Regeln

Die Tatsache, dass die Reduzierung der regulatorischen Komplexität eine Voraussetzung für Investitionen in umweltfreundlichere Geräte und Prozesse geworden ist, zeigt auch die Flash Eurobarometer 549 Umfrage von 2024. Kleine und mittlere Unternehmen in der Umfrage geben an, dass administrative und rechtliche Verfahren sowie komplexe Umweltberichterstattung die größten Hindernisse für Investitionen in ‚grüne‘ Maßnahmen darstellen.

Letztendlich berührt Brüssel offiziell nicht die großen Klimaziele, und die Zahlen zu Emissionsreduktionen und Klimaneutralität bleiben gleich, aber es wird zunehmend klar, dass unter dem Druck von Wettbewerbsfähigkeit und Basisprotesten ein Anfang von Nachsicht bei Berichterstattung, Plänen, Prüfungen und Kontrollmechanismen zu erkennen ist.

Anstatt einer frontal Abkehr von der grünen Agenda wählt die Kommission eine sanftere Variante, die für den Wirtschaftssektor weniger Papierkram, schnellere Genehmigungen und niedrigere Compliance-Kosten bedeutet. Langfristig wirft dies jedoch die Frage auf, ob die ‚Reduzierung grüner Bürokratie‘ den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft beschleunigen oder in eine stille Verwässerung der Umweltvorschriften umschlagen wird.

Markiert: